Nicht alles ist neu – aber es bleibt spannend!
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Die 4 D’s Demografie, Diversität, Digitalisierung und Dekarbonisierung stellen gleichzeitig große Herausforderungen an Wirtschaft und Verwaltung. Unter einem hohen Zeitdruck waren und sind schnell Lösungsansätze zu entwickeln, um zum Beispiel den Energieverbrauch zu senken und nachhaltiges Handeln in vielen Bereichen insgesamt zu stärken. Gleichzeitig soll im Sinne von New Work die Arbeitswelt neugestaltet werden, die u.a. durch Selbstorganisation, Partizipation und Sinnstiftung geprägt ist. Flexible Projektstrukturen und partizipative Organisationsstrukturen sowie IT-gestützte agile Arbeitsformen werden daher immer wichtiger. Insofern bieten sich ganzheitliche Strategien an, die konzeptionell die 4 D‘s miteinander verbinden. Hierüber ergeben sich auch neue Chancen für ein nachhaltiges Personalmanagement über die bekannten Handlungsfelder hinaus. Ein signifikantes Beispiel ist das Design einer grünen und mobilen Arbeitswelt, wie es die nachstehende Abbildung 1 in Grundzügen verdeutlicht:
Ein weiteres wichtiges Thema wird die Gestaltung einer von Wertschätzung und Akzeptanz geprägten Kultur sein. Sie ist auch für den transformationalen Wandel insgesamt von Bedeutung. Kulturwandel wird zum wichtigen Handlungsfeld. Hierüber ergibt sich auch ein neues Rollenbild des Personalmanagements. Die Personalarbeit wird von zunehmender Individalisierung geprägt sein.
Neue Rolle für das (grüne) Personalmanagement
Gerade mit Blick auf die Dekarbonisierung und die Transformation hin zur „grünen Verwaltung“ kommt dem Personalmanagement eine wichtige Funktion an der Schnittstelle zwischen Organisations- und Personalentwicklung zu. „Kraft Amtes“ haben Personaler:innen, natürlich neben den Führungskräften, eine besondere Nähe zu den Mitarbeitenden. Verstärkt treten daher Personalfürsorge und Betreuung in den Fokus. Mehr Beratung statt Sachbearbeitung zur Stärkung von Eigenverantwortung und Empowerment werden häufig gefordert. Effizienzgewinne durch den Einsatz der IT können hier sinnvoll reinvestiert werden, um die Performanz der Verwaltung langfristig zu sichern.
„Grünes Denken“ in allen Personalfunktionen kann einen Beitrag leisten, den Wandel nachhaltig zu gestalten.
Unter grünem Personalmanagement …. „sind alle Aspekte und Praktiken [des Personalmanagements] […], die das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit verfolgen“ zu verstehen ( Dron, Müller-Camen&Obereder 2018, S.44).
Daraus lassen sich Ziele für ein nachhaltiges und ein darin integriertes grünes Personalmanagement zunächst auf der personalstrategischen Ebene ableiten:
- Ausrichtung des Personalmanagements nach ökologischen, ökonomischen und nutzerzentrierten Gesichtspunkten – Förderung einer „grünen“ Kultur
- Check wesentlicher HR- Prozessfunktionen auf ihren Einfluss auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz (Arbeitgebermarke/Employer Branding, Rekrutierung, Personalentwicklung, Lernen, Führungskräfteentwicklung, Diversität, Gesundheit, Anreizsysteme…)
- Sensibilisierung / Qualifizierung der Mitarbeitenden für Nachhaltigkeitsthemen und Unterstützung von Führungskräften im Rahmen der Führungskräfteentwicklung
- Fokus der Strategien und Maßnahmen auf Verhalten / Einstellungen der Mitarbeitenden, Gestaltung der Organisationsstrukturen (Aufbau- und Ablauforganisation), Prozesssteuerung
- Kompetenzbasiertes Personalmanagement (Grüne Kompetenzen definieren!?)
- Aufbau HR-Analytics / Personalcontrolling zur gezielten Datenanalyse und Erkenntnisgewinne über die Wirksamkeit der Maßnahmen- allgemein ein wichtiger Bestandteil eines evidenzbasierten, nachhaltigen Personalmanagements
Aktuelle Untersuchungen im Kontext der Digitalisierung zeigen sehr deutlich, dass der Erfolg von Maßnahmen und einem transformationalen Wandel sehr stark von Faktoren wie Kultur und „Einstellungen“ (Mindset) der Mitarbeitenden abhängig ist. Mit Blick auf den digitalen Wandel wird deutlich, dass vielfach in Technik investiert wird- eher weniger in den notwendigen Kulturwandel als Basis für nachhaltige Veränderungen. Auch „grünes Denken“ in der Verwaltung ist kein Selbstläufer, und es wird scheinbar dem Klimaschutz nicht die Priorität eingeräumt, wie vielfach gedacht. Die ökologische Transformation ist trotz der kurzfristig erreichten Ziele und Erfolgsmeldungen langfristig kein Selbstläufer. Sie ist auch nicht per Weisung zu gestalten, wie so manche Erfahrung gezeigt hat.
Nach einer Umfrage der Bertelsmannstiftung liegen Gesundheit und Wohlbefinden auf Platz 1 der Prioritäten in Unternehmen – die CO 2 Bilanz und Klimaschutz noch nach Diversität auf Platz 9. Interessant ist zudem auch die Generationenperspektive. Alters-Bias oder Alterstereotype sind hiernach fehl am Platz. Bei der Altersgruppe der 18-24 Jährigen liegt die Verantwortung für „Umwelt und Gesellschaft“ auf Platz 9, bei der Gruppe der 55-65 Jährigen auf Platz 5. Noch deutlicher werden die Werte zwischen den Generationen bei der Identifikation mit den Unternehmenswerten – Platz 8 zu Platz 5 im Ranking zwischen den genannten Altersgruppen (vgl. Feinstein, I.,Habich, J.,Spilker, M: Nachhaltigkeit aus Sicht der Unternehmer:innen.IPSOS/Bertelsmann Stiftung, September 2022).
Hier sind sicherlich noch Diskussionen mit Blick auf die Akquise neuer Talentgruppen notwendig. Die Positionierung der Behörden als grüne Arbeitgeber:innen würde demnach nicht ausreichend sein, um die junge Zielgruppe anzusprechen oder gar langfristig zu binden. Ebenso wäre unter dem Aspekt des Generationenmanagements auch die Besetzung agiler Gruppen zu ökologischen Themen zu überprüfen. Hier treffen sich das Diversitäts- und Innovationsmanagement – aber auch New Work. Folgende Schritte und Maßnahmen als mögliche Beispiele erscheinen dabei möglich:
- Förderung einer von Wertschätzung und Vertrauen geprägten Kultur (Lotsen:innen, Klimabotschafter:innen,Lösungen ausprobieren und aus Fehlern lernen….)
- Formulierung von gemeinsamen „grünen Werten“ und Zielen – jeder/jede kennt den eigenen Beitrag zur Gemeinwohlorientierung oder Zielerreichung (Grüne Teams, Grüne Zirkel…. und der Onbordingprozess….)
- Förderung der sozialen, personalen und kommunikativen Kompetenzen, da (grünes) Verhalten und Mindset zur Nachhaltigkeit stark durch Vorbilder und gelebte Kultur geprägt werden…… insbesondere durch Führungskräfte (Gestalter:innen des Wandels)
- Nachvollziehbare und glaubhafte Kommunikation der Nachhaltigkeitsstrategie und Prozesse der Ziele und Beweggründe insbesondere der Personalpolitik (Vernetzungsplattformen, Tauschbörsen, Aktionstage…)
- Sinnstiftung über Partizipation und damit Beitrag zur Gestaltung der modernen Arbeitswelt (Denken aus der Perspektive der Stakeholder) – Grüne Teams, Grüne Zirkel, Förderung des gesellschaftlichen Engagements, Aufbau von Communitys, Netzwerke….)
Darüber hinaus wird auch das Kompetenzmanagement im Fokus stehen.
Grünes Kompetenzmanagement
Mit Blick auf die altersbedingte Personalfluktuation und den Fachkräftemangel müssen neue Talentgruppen mit entsprechenden sozialen und umweltorientierten aber auch sozialen Kompetenzen erschlossen werden. Hier wird künftig die Personalentwicklung stärker gefordert sein, die notwendigen (grünen) Kompetenzen zu definieren:
Eine Diskussion über grüne Kompetenzen bietet sich an, die später auch das Potenzial haben, bei der Rekrutierung, Potenzialanalyse oder als Feedback-Dimensionen genutzt zu werden.
Am Beispiel der Führungskompetenz oder der Veränderungskompetenz bei den Mitarbeitenden wird dies deutlich:
Veränderungskompetenz
Erfasst Chancen und Veränderungsbedarf rechtzeitig; erkennt und treibt neue Entwicklungen auch interdisziplinär und über den eigenen Bereich vorausschauend voran.
Ist bereit, sich auf neue Entwicklungen einzustellen. Gestaltet den Wandel mit.
Nutzt Räume für Kreativität und Engagement, fördert Innovationen über Wissen und Ideen. Kann mit Unsicherheit umgehen.
Berücksichtigt und fördert Nachhaltigkeit und Klimaschutz, um den ökologischen Fußabdruck mit Blick auf das eigene Handeln zu verringern. Engagiert sich für diese Fragen auch im Team.
Unbestritten wird sich die Rolle der Führungskräfte im Zeitalter von New Work wandeln. Sie haben einen nachhaltigen Einfluss auf die Transformation und das Verhalten der Mitarbeitenden oder von Teams. Wie aber könnte „grüne Führung“ aussehen, die auch zugleich für die digitale Welt notwendig ist? Hier der Versuch einer Beschreibung:
Lernangebote zur tranformationalen Führung aber auch die Vermittlung von systemischen Kompetenzen/Methoden der OE und PE sind erforderlich. Training on the job kann über Mentoring, Cross-Mentoring , Reverse Mentoring oder auch der kollegialen Fallberatung ermöglicht werden. Jährliche Klausurtagungen als Ideenbörse zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und Förderung des Netzwerkgedankens sind eine weitere Möglichkeit. Ein Perspektivwechsel, d.h. über eine Hospitation hinter die Kulissen einer anderen Verwaltung zu blicken, ist eine weitere Methode, um Führungskräfte zu begleiten und als Vorbilder zu gewinnen.
Diese Beispiele machen deutlich, dass ein modernes Personalmanagement das Potenzial zur besseren Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien und den ökologischen Umbau hat. Es gilt , Talente zu gewinnen und zu binden. Entscheidend ist es auch, Herzen zu gewinnen und Begeisterung zu entfachen. Personaler:innen können auch Treiber von Innovationen sein und sollten ein Gespür für künftige Entwicklungen haben, um auf diese vorbereitet zu sein. Das Personalmanagement sollte ganzheitliche Konzepte und Vorgehensweisen treiben und Silos abbauen. Es gibt viel Spielraum für Kreativität, die Personalfunktionen „grüner“ zu gestalten .
Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren, schauen Sie sich unsere kommende Seminar zum Thema ‘Shaping the New World of Work: Sustainable and green HRM’ an.
Dieser Blog stellt die Meinung des Autors dar und spiegelt nicht grundsätzlich die Meinung des EIPA.